BGR Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe

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TZ Tschadsee: Grundwassermanagement

Beitrag zum Projekt:

Hintergrund:
Das Tschadseebecken im zentralen Teil der Sahelzone und südlich der Sahara gelegen, ist mit einer Ausdehnung von etwa 2.381.000 km² eines der größten sedimentären abflusslosen intramontanen Becken Afrikas.

Nach Schätzungen für das Jahr 2013 leben ca. 47 Millionen Menschen im Tschadseebecken. Haupterwerbsquellen sind die Landwirtschaft, nomadische bzw. halbnomadische Tierhaltung und der Fischfang.

Der mittlere Jahresniederschlag variiert zwischen 1500 mm/a im Süden und weniger als 100 mm/a im Norden. Die potentielle Evapotranspiration liegt bei über 2000 mm/a im Zentrum des Beckens. Die wichtigsten Zuflüsse des Tschadsees sind der Chari mit seinem Nebenfluss Logone und der Komadougou-Yobe. Die intermittierenden Flüsse El Beid und Yedseram spielen in regenreichen Jahren ebenfalls eine wichtige Rolle weil ihr Abfluss dann groß genug ist, um den See zu erreichen.

Klimavariabilität im südlichen Tschadseebecken:
Das südliche Tschadseebecken liegt klimatisch im Einflussbereich des Westafrikanischen Monsuns, was sich primär in einem ausgeprägten Jahresgang des Niederschlags äußert. Überlagert wird diese Variabilität von einer sinusförmigen Schwankung der jährlichen Niederschlagssumme, die im Beobachtungszeitraum 1901-2019 eine Periode von etwa 60 Jahren aufwies. Diese multi-dekadische Variabilität ist eng an die Oberflächentemperatur der tropischen Ozeane und des Mittelmeers gekoppelt.

Schwankung der JahresniederschlägeSchwankung der Jahresniederschläge

Im vergangenen Jahrhundert reihte sich an eine feuchte Phase mit einem Maximum in den 50er- und 60er-Jahren eine ausgeprägte Trockenperiode, die vor allem in den 1980ern zu schweren Dürren führte. Dabei zeigte sich, dass eine Abnahme des Niederschlags um 10 % zu einer Verringerung des Abflusses um mindestens 40 % im Chari und Logone führte. In der Folge schrumpfte der Tschadsee um 90 % von 18.000 km² auf unter 2.000 km².

Seit sich der Niederschlag wieder in einem Aufwärtstrend befindet, sind eine Ergrünung der Sahelzone sowie eine Steigerung der Abflüsse zu beobachten.

Jedoch prognostizieren regionale Klimamodelle ab Mitte dieses Jahrhunderts für den südlichen Teil des Tschadseebeckens einen Rückgang des Niederschlags, der sich im südlichen Flusseinzugsgebiet des Charis, sowie entlang des Grundwasserneubildungsgebiets Massénya als besonders robust zeigt. Im gleichen Zeitraum wird für das gesamte Becken ein Anstieg der potenziellen Evapotranspiration projiziert.

Die erwarteten Klimaänderungen gekoppelt mit einem starken Bevölkerungswachstum von 3 % jährlich werden den Druck auf die vorhandenen Wasserressourcen stark erhöhen. Technische Lösungen, wie z. B. künstliche Grundwasseranreicherung, können dazu beitragen die Auswirkungen des Klimawandels zu minimieren und werden daher im Rahmen des Projektes vor Ort erprobt.

Pilotzone Logone-Überschwemmungsgebiet:
Die große Variabilität der Abflussmengen zusammen mit einem Mangel an Oberflächenwasser in großen Teilen des Beckens machen Grundwasser zur wichtigsten Quelle der Wasserversorgung. Es ist jedoch wenig über den mengenmäßigen und qualitativen Zustand des Grundwassers der Region sowie über dessen Neubildung bekannt.

Hier greift das gemeinsame Projekt der Tschadseebecken-Kommission (Lake Chad Basin Commission - LCBC) und der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) in seiner zweiten Phase (Phase 1: Sustainable Water Management of Lake Chad Basin) ein und konzentriert sich auf die Interaktion zwischen Oberflächen- und Grundwasser im Überflutungsgebiet des Flusses Logone. Dieses erstreckt sich vom Tschadsee im Norden bis zu den kamerunischen Mandara Bergen im Süden. Das Untersuchungsgebiet umfasst die Yaéré-Überflutungsebene mit einer Fläche von etwa 8.000 km² in Kamerun sowie die Naga-Ebene mit 4.500 km² im Tschad und ist von großer Bedeutung für Landwirtschaft, Tierhaltung und Fischfang.

Karte der Überschwemmungsgebiete des unteren LogoneÜberschwemmungsgebiete

Geologie
Das Logone-Überschwemmungsgebiet befindet sich am südlichen Rand des Beckens. Hier liegen quartäre Sedimente mit Mächtigkeiten von rund 50 – 70 m vor.

Die sedimentäre Wechselfolge aus tonigen und sandigen Schichten spiegelt die klimatischen Ablagerungsbedingungen wider. Sandige Schichten wurden in früheren Trockenzeiten abgelagert, während tonige Lagen entweder lakustrine (See-) oder fluviatile (Fluss-) Ablagerungsbedingungen anzeigen. Die Verbreitung von feinkörnigen Ablagerungen deutet darauf hin, dass der Tschadsee in den letzten 10.000 Jahren immer wieder größer und die Flüsse Logone und Chari deutlich breiter waren.

Kartierung der Überflutungsgebiete
Die Ausdehnung der überfluteten Bereiche wurde für die Jahre 2000 - 2014 mit Hilfe von Fernerkundungsmethoden erfasst. Die Größe der überfluteten Areale unterscheidet sich signifikant von Jahr zu Jahr in Abhängigkeit des Zusammenspiels von Abfluss, Niederschlagsmuster und initialer Bodenfeuchte. Die größte Überflutungsfläche wurde 2012 gemessen, gefolgt von den Jahren 2001 und 2010. Die kleinste überflutete Fläche gab es 2009. In diesem Jahr war die Yaéré-Ebene nahezu ausgetrocknet. Mit Hilfe geostatistischer Methoden wurden Karten mit maximaler-, mittlerer- und minimaler gefluteter Fläche für den Untersuchungszeitraum erstellt.

Geländearbeit:
Eine zweijährige Feldkampagne wurde durchgeführt um die Wasserstände von Oberflächen- und Grundwasser zu messen und um Wasserproben zu sammeln. Insgesamt wurden 83 Proben genommen, 76 Grundwasser- und 7 Oberflächenwasserproben. Die Chemie- und Isotopenuntersuchungen wurden im BGR Labor in Deutschland durchgeführt. Es wurden Anionen und Kationen sowie Spurenelemente analysiert. In-situ Parameter (Temperatur, pH- und elektrische Leitfähigkeit) wurden mit einer Multiparametersonde gemessen.

Ergebnisse:
Grundwasserdynamik
Die Grundwasserhöhengleichen im Untersuchungsgebiet zeigen eine Süd-Nord gerichtete Grundwasserströmung an. Darüber hinaus ist eine direkte durch Flusswasser verursachte Grundwasserneubildung bei Bongor festzustellen. Wird ein Abfluss von ca. 1500 m³/s überschritten, tritt an dieser Stelle der Logone über sein Ufer und fließt in Richtung der Naga Ebene. Die Flut breitet sich dann über die Ebene in Richtung Norden aus und verdunstet und versickert dort. Ein Teil dieses Wassers sammelt sich in einem kleineren Fluss (Koulambou) der am Pegel Logone-gana wieder in den Logone mündet.

Beschaffenheit des Grundwassers
Fluoridgehalt: In drei Brunnen entlang des Logone wurden Fluoridkonzentrationen gemessen, die den Grenzwert der Weltgesundheitsorganisation (WHO) überschreiten. Aufsteigendes Grundwasser aus dem Grundgebirge in die oberflächennahen Grundwasserleiter kann hierfür der Grund sein. Die erhöhten Fluoridkonzentrationen bestätigen die Ergebnisse aus der ersten Phase des BGR-LCBC-Projektes.

Nitratgehalt: Die Nitratkonzentrationen im Untersuchungsgebiet sind generell gering, nur drei der untersuchten Brunnen zeigen Nitratwerte oberhalb des WHO-Grenzwertes von 50 mg/l. Der Grund dafür ist noch nicht bekannt und muss weiter untersucht werden.

Eisen- und Mangangehalte: Die Anwesenheit von Eisen im Grundwasser ist ein Zeichen für anaerobe Bedingungen im Grundwasserleiter. Nach der WHO ist Eisen nicht gesundheitsbeeinträchtigend. Jedoch ändert sich bei höheren Konzentrationen die Farbe und Trübung des Wassers und wird daher von der Bevölkerung als nicht mehr akzeptabel angesehen. Darüber hinaus führt der Eisengehalt zu Verkrustungen im Brunnenfilter, den Leitungsrohren und Pumpen. Die höchsten Konzentrationen werden in der Umgebung von Bongor in der nördlichen Naga-Ebene gemessen. Ebenfalls erhöhte Konzentrationen finden sich ganz im Norden der Yaéré-Ebene in Kamerun.

Fluorid-Gehalte von Brunnenwässern in der Überschwemmungsebene des LogoneFluorid-Gehalte

Nitrat-Gehalte von Brunnenwässern in der Überschwemmungsebene des LogoneNitrat-Gehalte

Eisen-Gehalte von Brunnenwässern in der Überschwemmungsebene des LogoneEisen-Gehalte

Mangan-Gehalte von Brunnenwässern in der Überschwemmungsebene des LogoneMangan-Gehalte

Mangangehalte von über 0,4 mg/l sind laut WHO gesundheitsgefährdend für den Menschen obwohl das Wasser schon bei kleineren Konzentrationen (0,1 mg/l) ungenießbar wird. Über dem Grenzwert liegende Konzentrationen wurden in fünf Messstellen in Kamerun und 13 Messstellen im Tschad gemessen. Diese hohen Konzentrationen müssen durch eine erneute Beprobung bestätigt werden. Sollten sich die Gehalte bestätigen, müssten an diesen Brunnen Maßnahmen ergriffen werden, um das Wasser von Mangan zu reinigen, bevor es als Trinkwasser weitergegeben wird.

Abschätzung der Grundwasserneubildung mit natürlichen Isotopen
Neben dem Niederschlag sind auch Oberflächengewässer in Form von Flüssen, Kanälen und Seen an der Grundwasserneubildung beteiligt.

Die blaue Linie in der Abbildung zeigt die lokale meteorologische Wasserlinie für Niederschlag in N‘Djamena (Tschad) und die rote entspricht der Wasserlinie für Oberflächengewässer. Oberflächenwasser ist der Verdunstung unterworfen, was zu einer Anreicherung schwerer Isotope im Gegensatz zum Regenwasser führt. Daher hat die rote Linie eine geringere Steigung (hier 4,5 im Gegensatz zum Niederschlag mit 6,3).

Die von den Grundwassermessstellen abgeleitete Wasserlinie in der Yaéré-Überflutungsebene verläuft parallel zur Niederschlagslinie. Dies bedeutet, dass das Grundwasser der Ebene im Wesentlichen aus dem Niederschlag gespeist wird.

Im Fall der Naga-Ebene liegt die Wasserlinie der Grundwassermessstellen parallel zu der Linie der Oberflächengewässer, was auf eine Grundwasserneubildung durch Überflutungen hindeutet.

Mit Hilfe von empirischen Gleichungen nach Allision et al. (1983) ist es möglich, die Grundwasserneubildung abzuschätzen. Die nachfolgende Tabelle enthält die Ergebnisse:


Ebene


Neubildung
(mm/a)

Minimale

Ausdehnung
(km²)

Minimale
Neubildung
(m³/a)
Mittlere
Ausdehnung
(km²)
Mittlere
Neubildung
(m³/a)
Maximale
Ausdehnung
(km²)
Maximale
Neubildung
(m³/a)
Yaéré91.1079.963.0002.97926.811.0005.23047.070.000
Naga161.23819.808.0002.30836.928.0003.77660.416.000
Bongor162504.000.0004336.928.00085213.632.000
SUM33.771.00070.667.000121.118.000


Zusammenfassung:
Mit SWRI-Satellitenbildern lässt sich für die Jahre 2000 - 2014 die Größe der jeweiligen Überflutungsflächen bestimmen. Die Überlagerung aller berechneten Gebiete erlaubt die Bestimmung der mittleren, minimalen und maximalen überfluteten Fläche. Diese Methode zeigt die relevanten Gebiete und hilft bei der Planung der landwirtschaftlichen Nutzung von Überflutungsflächen.

Grundsätzlich entspricht die Grundwasserqualität im Untersuchungsgebiet der für Trinkwasser üblichen internationalen Standards. Erhöhte Konzentrationen von Eisen und Mangan werden allerdings regelmäßig angetroffen. Während Eisengehalte nicht gesundheitsgefährdend sind, können Mangankonzentrationen in zwei Regionen in einer Höhe auftreten, die eine Vorab-Behandlung erforderlich machen. Eine Entmanganung dieser Wässer oder zumindest eine Mischung mit unbelasteten Wässern sollte durchgeführt werden.

In den Überflutungsebenen des Yaéré und Naga findet Grundwasserneubildung statt. Die Isotopenanalysen zeigen jedoch unterschiedliche Neubildungsquellen. Während in der Yaéré-Ebene der Niederschlag überwiegend zur Grundwasserneubildung beiträgt, findet Neubildung in der Naga-Ebene durch Versickerung in überfluteten Bereichen statt.

Obwohl die überfluteten Flächen beider Ebenen ähnlich groß sind, findet in der Naga-Ebene eine höhere Grundwasserneubildung statt als in der Yaéré-Ebene (16 mm/a zu 9 mm/a). Die höchste Grundwasserneubildung findet entlang des Logone statt (25 mm/a).

Empfehlungen:
Die Untersuchungen haben gezeigt, dass eine substanzielle Menge des Grundwassers jährlich durch Überflutung bzw. aus dem Niederschlag erneuert wird. Aus diesem Grund wäre sehr sinnvoll, wenn für diese Ebenen Grundwasserschutzzonen zur Sicherung des Schutzguts Trinkwasser ausgewiesen würden.


Literatur:

Fachberichte

Karten

Konferenzbeiträge

  • BOSCH, K., HECKMANN, M., BRODA, S., SEEHAUSEN, L. & HASSANE TAHIROU, A. (2021): Mapping of aquifer productivity and assessment of groundwater vulnerability to pollution in the lower Chari-Logone River Basin, southern Lake Chad Basin. - Poster presented at the 48th IAH Congress, Brussels, Belgium.
  • GEERKEN, R., VASSOLO, S. & BILA, M. (2012): Impacts of climate variability and population pressure on water resources in the Lake Chad Basin. (PDF, 753 KB) In: BOGARDI, J., LEENTVAAR, J. & NACHTNEBEL, H-P. (eds.): River Basins and Change. - Contrib. to the intern. conference on "The Global Dimensions of Change in River Basins" organised within the Global Catchment Initiative of the Global Water System Project (GWSP), December 6 - 8, 2010, Bonn, Germany.
  • GEERKEN, R., VASSOLO, S. & SCHIMMER, R. (2012): Monitoring variations of Yaere Wetlands to understand effects of inter-annual climate variations. - Poster presented at the IWRM conference 2012, Karlsruhe.


Kontakt 1:

    
Dr.-Ing. Sara Ines Vassolo
Tel.: +49-(0)511-643-2818

Kontakt 2:

    
M.Sc. Geowiss. Lilli Witt
Tel.: +49-(0)511-643-2617

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