BGR Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe

Seismo-akustische Verfahren für die Verifikation des CTBT

Land / Region: Deutschland/weltweit

Projektanfang: 01.03.2015

Projektende: 29.02.2020

Projektstand: 28.07.2016

Für die Wahrnehmung der Aufgaben und Pflichten der BGR als Nationales Datenzentrum für die Verifikation des umfassenden Kernwaffenteststoppvertrages (CTBT) ist unter anderem eine schnelle (automatische) und zuverlässige Identifikation von oberflächennahen Explosionen als mögliche kritische Ereignisse notwendig. Dabei registrieren Seismometer- und Infraschallstationen des internationalen Überwachungssystems (IMS) für den CTBT häufig Explosionen auf Grund von Sprengungen im Steinbruch- und Bergbaubetrieb, bei der Detonation von Munition oder während Truppenübungen (siehe Abbildung 1). Die aufgezeichneten Signaturen dieser Explosionen gilt es zuverlässig von potentiellen Kernexplosionen im Rahmen der Kernwaffenteststoppüberwachung und von Erdbeben im Rahmen der Erdbebenüberwachung zu trennen.

Explosionen als Quelle seismo-akustischer SignaleExplosionen als Quelle seismo-akustischer Signale. Links: Steinbruchsprengung in den Geiger Stein- und Schotterwerken. Rechts: Minensprengung in der Eckernförder Bucht Quelle: Links: 2008 Geiger, www.schotterwerk-h-geiger.de. Rechts: 2011 Bundeswehr / Kevin Goebel/Presse- und Informationszentrum Marine, www.marine.de

Hierzu sollen im Projekt „CTBT Seismo-Akustik“ neue Methoden und Verfahren zur numerischen Simulation und Analyse von seismischen und tieffrequenten akustischen Wellen entwickelt werden, auf deren Basis eine gemeinsame Bewertung solcher Ereignisse erfolgen soll. Ferner ist die automatische Sicherstellung der Datenqualität und die Abschätzung der rezenten Rauschbedingungen ein zentraler Baustein für das Qualitätsmanagement von Seismometer- und Infraschall-Stationen. Dafür werden bestehende Verfahren unter Berücksichtigung der gewonnen Erkenntnisse bei der Wellenausbreitung weiter entwickelt und angepasst sowie im Weiteren auf das globale Überwachungsnetz bzw. das seismologische und das Infraschall-Netz für den CTBT angewendet, um somit aktuell (zeitnah) Abschätzungen zu deren Detektionsvermögen vornehmen zu können.

Als ersten Schritt für die Entwicklung und den Test seismo-akustischer Verfahren wurden im Projekt seismo-akustische Quellen identifiziert, charakterisiert und deren Detektion an deutschen Seismometer- und Infraschallstationen genauer untersucht. Nachfolgend werden zwei Beispiele vorgestellt.

 

Beispiel 1: Signaturen einer Steinbruchsprengung in den Stein- & Schotterwerken Geiger nahe Beilngries

Seismo-akustische Signaturen der Sprengung vom 18.11.2011 wurden an der Seismometerstation GERES und der Infraschallstation I26DE registriert; beide Stationen nahe Freyung im bayerischen Wald werden von der BGR betreut und dienen zur Überwachung des CTBT. Aus einer kombinierten Analyse der Daten ergeben sich eine Herkunftsrichtung von etwa 280° (West bis Westnordwest) und eine aus seismisch-zu-akustischer Laufzeitdifferenz berechnete Entfernung von etwa 170 km, was auf den oben genannten Steinbruch als Quelle hindeutet. Die gefundenen Signaturen entsprechen ebenfalls einer Häufigkeitsspitze in der Herkunftsrichtung von registrierten Infraschallquellen an der Station I26DE zwischen 2000 und 2015 (Abbildung 2, bezeichnete Infraschallquelle „Steinbrüche Franken“).

Seismologische (oben links) und Infraschall- (oben rechts) Aufzeichnung einer Steinbruchsprengung an den Stationen GERES und I26DE. Für vergrößerte Ansicht klickenSeismologische (oben links) und Infraschall- (oben rechts) Aufzeichnung einer Steinbruchsprengung an den Stationen GERES und I26DE. Die daraus ermittelte Herkunftsrichtung und Entfernung deuten auf eine Steinbruchsprengung nahe Beilngries (unten links: weitere Quellen, hauptsächlich Steinbrüche, aus seismologischer Auswertung; unten rechts: Quellverteilung in 360° um die Station I26DE aus Infraschallauswertungen)

Beispiel 2: Signatur einer Unterwasser-Sprengung in der Eckernförder Bucht

Seismo-akutische Signaturen von Quellen vor der deutschen Ostseeküste, wie z.B. die gegebene Sprengung vom 06.11.2011, werden an Seismometern des Deutschen  Regional- Seismometernetzwerks (GRSN) sowie der norddeutschen Infraschallstation IGADE (nahe Bremen) registriert. Diese Signaturen sind anthropogenen Ursprungs und können Marine-Aktivität zugeordnet werden, da sowohl die bestimmten Herkunftsrichtungen und Areale als militärische Trainingsgebiete sowie Munitionsversenkungs- und Sprengungsgebiete ausgewiesen sind, als auch die über mehrere Jahre betrachtete Aktivität verstärkt während Tageszeiten und Arbeitstagen unter der Woche auftritt (siehe Histogramme, Abbildung 3).

Seismologische (oben links) und Infraschall- (oben rechts) Aufzeichnung einer Unterwassersprengung an Stationen des GRSN und IGADE. Für vergrößerte Ansicht klickenSeismologische (oben links) und Infraschall- (oben rechts) Aufzeichnung einer Unterwassersprengung an Stationen des GRSN und IGADE. Die daraus ermittelte Herkunftsrichtung und der Zeitpunkt der Aktivitäten deuten auf Marineaktivitäten hin (unten links: Cluster von Quellen vor der Ostseeküste, aus seismologischer Auswertung; unten rechts: Richtungsverteilung der Quellen von der Station IGADE aus sowie Tageszeit- und Wochentagsverteilung der Quellen aus Seismometer- und Infraschallaufzeichnungen).

Kontakt 1:

    
Dr. Christoph Pilger
Tel.: +49-(0)511-643-2878

Kontakt 2:

    
Dr. Lars Ceranna
Tel.: +49-(0)511-643-2252
Fax: +49-(0)511-643-3663

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