Ingenieurseismologische Begutachtung der Zwischenlagerstandorte an deutschen Kernkraftwerken
Land / Region: Deutschland
Projektanfang: 01.07.2001
Projektende: 31.12.2004
Projektstand: 31.12.2004
Abb. 1: Blick auf das Kernkraftwerk Grohnde. Rechts: Reaktorgebäude, Links: Zwischenlager
Quelle: BGR
Im Rahmen des Konsenses, den die Bundesregierung mit den Betreibern von Kernkraftwerken vereinbart hat, wurden zur Vermeidung von CASTOR-Transporten an allen deutschen Kernkraftwerken Standortzwischenlager gebaut. Diese werden die abgebrannten Brennelemente aufnehmen. Die Lager sind Stahlbetonhallen mit einer Grundrissfläche von ca. 90 m * 35 m und einer Höhe von etwa 25 m. Abb. 1 zeigt das Kernkraftwerk Grohnde mit Zwischenlager (links). Teil des Genehmigungsverfahrens ist der Nachweis der Erdbebensicherheit. Für die Ermittlung der Erdbebeneinwirkung bei Kernanlagen sind standortbezogene ingenieurseismologische Gutachten auf Basis der Regel des Kerntechnischen Ausschusses KTA 2201.1 zu erstellen. Die Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) wurde vom Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) beauftragt, im Rahmen des Genehmigungsverfahrens nach §6 Atom-Gesetz (AtG) für alle 12 Zwischenlagerstandorte gutachterliche Stellungnahmen zu den jeweiligen von den Betreibern eingereichten Gutachten zu erstellen. Ein weiteres Gutachten wurde von der BGR im Auftrag des TÜV-Nord nach §7 AtG für den Rückbau des Kernkraftwerks Stade angefertigt. In den Jahren 2001 bis 2003 sind insgesamt 19 gutachterliche Stellungnahmen entstanden.
Ziel eines Standortgutachtens ist die Ermittlung des Bemessungserdbebens und die Berechnung dessen Überschreitenswahrscheinlichkeit, sowie die Ableitung der seismischen Lastannahmen in Form von Beschleunigungen. Die Bestimmung der Intensität des jeweiligen Bemessungserdbebens erfolgte deterministisch und probabilistisch für eine Überschreitenswahrscheinlichkeit von 10E-5 /Jahr. Einbezogen wurden immer die geologische Entwicklung der Standortumgebung und die Neotektonik.
Abb. 2: Karte mit allen Zwischenlager-Standorten an deutschen Kernkraftwerken (gelbe Sterne)
Quelle: BGR
Abb. 2 zeigt für alle Standorte die von uns ermittelten ingenieurseismologischen Parameter: Die MSK-Intensität des Bemessungserdbebens, die maximale Bodenbeschleunigung, das sogenannte Bemessungs-Antwortspektrum, die Starkbewegungsdauer und die lokale Untergrundklasse (A = unverfestigte Sedimente, M = mittelfeste Sedimente, R = Fels). Im Hintergrund der Karte sind neben den Schadenbeben ab dem Jahre 800 die ersten Ergebnisse unserer in Arbeit befindlichen probabilistischen Erdbebengefährdungskarte für eine Überschreitenswahrscheinlichkeit von 10E-5 /Jahr dargestellt. Eine solche Gefährdungskarte dient der ersten Bewertung eines Standortes, kann jedoch kein standortspezifisches Gutachten ersetzen.
Alle Ergebnisse der Begutachtung sind in (1) veröffentlicht worden. Die Methodik, nach der die BGR-Gutachten erstellt wurden, ist in (2) ausführlich dargestellt.
Für weitere Fragen stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung
Literatur:
(1) Deutsche Gesellschaft für Erdbebeningenieurwesen und Baudynamik (DGEB) - Publikation Nr. 13: Meskouris, K., Butenweg, Chr., Hinzen, K.G., (Hrsg.): D-A-CH Tagung 2005 in Köln, Aktuelle Themen des Erdbebeningenieurwesens und der Baudynamik, ISBN: 3-930108-09-7, Aachen 2005.
(2) Leydecker, G., Schmitt, T. & Busche H. (2006): Erstellung ingenieurseismologischer Gutachten für Standorte mit erhöhtem Sekundärrisiko auf der Basis des Regelwerks KTA 2201.1 - Leitfaden -. 58 S., 16 Abb., 4 Tab., 2 Anh., ISBN 3-510-95952-3; Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe, Hannover.