Verbundprojekt GeomInt: Geomechanische Integrität von Wirts- und Barrieregesteinen – Experiment, Modellierung und Analyse von Diskontinuitäten
Land / Region: Deutschland
Projektanfang: 01.07.2017
Projektende: 30.09.2020
Projektstand: 30.09.2020
Eingriffe in den geologischen Untergrund, z. B. zur Gewinnung und Speicherung von Energie oder zur sicheren Verwahrung toxischer und radioaktiver Abfälle, erfordern im Verbund verschiedener Disziplinen sorgfältige geowissenschaftliche Zustandsanalysen und Prognosestudien, um nachteilige Auswirkungen auf die Umwelt zu vermeiden. Insbesondere Deformationsprozesse und physikalisch-chemische Alterationen können zu einer tiefgreifenden Schädigung von Gesteinen führen und damit die Integrität geologischer Reservoire und Barrieren ungünstig beeinflussen. Die dabei auftretenden vielfältigen mikro- und makromechanischen Strukturen (Fissuren, Risse, Klüfte etc.) schwächen das Gestein aus mechanischer Sicht und können in ungewollten Wegsamkeiten für fluide Phasen resultieren. Sie können unter dem Oberbegriff Diskontinuitäten zusammengefasst werden, deren Entstehung zumeist nur unzureichend verstanden und mit den derzeit verfügbaren kommerziellen Simulationssystemen nicht adäquat modellierbar ist.
In dem Verbundprojekt GeomInt wurden realitätsnahe experimentell-numerische Analyse zu der Entstehung und Entwicklung von Diskontinuitäten in untertägigen Gesteinen am Beispiel von Salz-, Ton- und Kristallingesteinen durchgeführt. Als Forschungsschwerpunkte wurden typische Prozesse betrachtet, die zur Entstehung spezifischer Diskontinuitäten führen. Hierzu gehören Quell- und Schrumpfungsprozesse, druckgetriebene Perkolation und Spannungsumlagerungen.
Das Projekt GeomInt gliedert sich in insgesamt drei Arbeitspakete. Im Rahmen des ersten Arbeitspaketes wurden Wegsamkeiten untersucht, die durch Quell- und Schrumpfungsprozesse hervorgerufen wurden. Hierfür wurden verschiedene Laborexperimente an Tongesteinen durchgeführt, um Materialparameter zu bestimmen und die Entstehung von Diskontinuitäten zu beobachten. Das zweite Arbeitspaket befasste sich mit der Entstehung von Wegsamkeiten in Salz- und Tongesteinen infolge druckgetriebener Perkolation. Mit Hilfe von Laborexperimenten wurde untersucht, inwieweit die Höhe der Perkolationsschwelle vom Spannungszustand und von der Temperatur des Gesteins abhängig ist. Im Zentrum des dritten Arbeitspaketes standen Wegsamkeiten, die infolge von Spannungsumlagerungen im Kristallin gebildet werden. Die Ergebnisse der Experimente dienen in allen Arbeitspaketen numerischen Simulationen zur Nachbildung der grundlegenden Prozesse. Während mit den Laborexperimenten insbesondere das spezifische Prozessverständnis für Bildung und Entwicklung der betrachteten Diskontinuitäten verbessert wurde, dienen die numerischen Analysen u. a. auch einem Progress im Methodenverständnis. Dazu wurden unterschiedliche numerische Verfahren (netzgebundene Kontinuumsansätze, netzfreie Diskontinuums-Methoden, hybride Verfahren) systematisch bezüglich ihrer Potenziale und Limitierungen untersucht sowie in geeigneter Weise erweitert. Um die dabei entwickelten Modelle zu überprüfen, wurden Daten aus Feldexperimenten in den Untertagelaboren Mont Terri (Schweiz), Springen und Reiche Zeche (beide Deutschland) verwendet. Damit ist auch eine Verbesserung des Systemverständnisses der Auswirkungen von Diskontinuitäten auf untertägige Geosysteme verbunden. Im Ergebnis hat das Projekt ein verbessertes Prozessverständnis für die Entstehung von Diskontinuitäten auf verschiedenen Zeit- und Längenskalen erbracht sowie numerische Werkzeuge bereitgestellt, um die geotechnologische Nutzung des Untergrundes sicherer und effizienter zu gestalten. Auf die Synthese von Experiment und Modell wurde von Anfang an großer Wert gelegt, daher wurden zu Beginn des Vorhabens sogenannte Modell-EXperimente (MEX) definiert. Dabei handelt es sich um eine systematische, umfassende Untersuchung der zu Diskontinuitäten führenden Prozesse (Quellen/Schrumpfen, Perkolation/Heilung, Spannungsumlagerung) durch die Kombination von Experiment und Modell.
Die Aufgaben der BGR in dem Verbundvorhaben konzentrierten sich auf drei Arbeitsgebiete:
1) In-situ-Probengewinnung: im Untertagelabor Mont Terri wurden zwei Bohrkampagnen durchgeführt; neben der geologischen Charakterisierung der Kerne wurde das Gestein vom Bohrloch aus durch elektrisch Resistivitätstomographie und Miniseismik untersucht.
2) Numerik: Methodenentwicklung, Begleitung der Implementierung in die Software OpenGeoSys und Testen (Benchmarking);
3) In-situ-Experimente: Anwendung und Evaluierung der neu implementierten Ansätze bei der Simulation von Experimenten im Untertagelabor Mont Terri im Opalinuston. Betrachtet wurden Prozesse, die durch hydraulisch-mechanische Wechselwirkung geprägt sind: die Schaffung von Wegsamkeiten durch Quell- und Schrumpfungsprozesse sowie durch druckgetriebene Perkolation.
Die wesentlichen Ergebnisse sind in dem Open Access Buch Kolditz et al. (in press) zusammengestellt. Basierend auf den Ergebnissen dieses Projektes wurde im Oktober 2020 das Projekt GeomInt 2 gestartet.
Kolditz, O., Görke, U.-J., Konietzky, H., Maßmann, J., Nest, M., Steeb, H., Wuttke, F., Nagel, Th. (Eds.): GeomInt–Mechanical Integrity of Host Rocks. Series: Terrestrial Environmental Sciences. Springer, 2021. ISBN 978-3-030-61908-4, DOI: 10.1007/978-3-030-61909-1
Gefördert durch das
Bundesministerium für Bildung und Forschung
Programm: Geoforschung für Nachhaltigkeit (GEO:N)
Förderkennzeichen: 03G0866F
Projekthomepage: http://www.ufz.de/geomint
Partner:
- Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ) Leipzig, Department Umweltinformatik (Verbundprojektleitung)
- Christian-Albrechts-Universität zu Kiel, Department of Geosciences, Geomechanics and Geotechnics
- Technische Universität Bergakademie Freiberg, Institut für Geotechnik
- Universität Stuttgart, Institut für Mechanik, Lehrstuhl für Kontinuumsmechanik
- Institut für Gebirgsmechanik GmbH (IfG), Leipzig