BGR Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe

Magmatismus

Land / Region: Deutschland

Projektanfang: 01.01.2019

Projektende: 31.12.2024

Projektstand: 05.09.2023

English Version

Der Laacher See VulkanTrügerische Idylle. Gebiete mit quartärem Vulkanismus sind für die Endlagerung hoch-radioaktiver Stoffe nicht geeignet. Der Laacher See Vulkan ist zuletzt vor 12.900 Jahren ausgebrochen. Im Hintergrund sind die vulkanischen Schlackenkegel des Hochstein und Hochsimmer zu sehen Quelle: BGR

Vulkanausbrüche kann der Mensch weder verhindern noch beeinflussen. Würde ein Endlager für radioaktive Abfälle von einem Vulkanausbruch betroffen, könnte das katastrophale Folgen für die Menschen in der Umgebung haben. Daher sind Endlager nach dem Standortauswahlgesetz (StandAG) an Orten auszuschließen, an denen es in erdgeschichtlich junger Vergangenheit Vulkanausbrüche gab, oder in denen in Zukunft Vulkanausbrüche zu erwarten sind. Um die langfristige Sicherheit von Standorten zu gewährleisten, müssen Vulkanausbrüche für die nächste Million Jahre ausgeschlossen werden können.

Plausible Prognosen zukünftiger vulkanischer Aktivität setzen das Verständnis der magmatischen Prozesse im Erdmantel voraus. Vulkane bilden sozusagen nur die „Spitze des Eisberges“ der tiefreichenden und langfristigen geodynamischen Prozesse, die zur Bildung von Magmen im Erdmantel und deren Aufstieg durch die Lithosphäre führen. In Mitteleuropa haben diese Prozesse in den vergangenen 50 Millionen Jahren wiederholt zu Vulkanausbrüchen geführt. Die letzten ereigneten sich in der erdgeschichtlichen Gegenwart (dem Quartär).

Langfristige Prognosen sind mit großen Unsicherheiten behaftet. Die Wahrscheinlichkeit von Vulkanausbrüchen in Mitteleuropa in der nächsten Million Jahre lässt sich nicht verlässlich beziffern. Vulkanausbrüche sind aber nur eines von mehreren Phänomenen, in denen sich die geodynamischen Prozesse äußern. Eine Kombination verschiedener Indikatoren soll deshalb helfen, Gebiete unterscheiden zu können, in denen die Möglichkeit von vulkanischen Ausbrüchen eher gegeben zu sein scheint, als in anderen. Diese Indikatoren beinhalten

  • Informationen über den Vulkanismus in der Vergangenheit,
  • den gegenwärtigen Zustand von Erdmantel und Kruste sowie
  • Ergebnisse numerischer Simulationen der geodynamischen Entwicklung.

Gemeinsam mit externen Expertinnen und Experten sollen in dem BGR-eigenen Forschungsvorhaben Verfahren entwickelt werden, um räumlich differenzierte Aussagen zur Möglichkeit zukünftiger vulkanischer Aktivität in Deutschland treffen zu können. In interdisziplinären Betrachtungen wird dabei der aktuelle Stand der Forschung zum Magmatismus zusammengetragen und bewertet.

Zudem erstellte die BGR einen Kurzbericht (May 2019) zum Ausschlusskriterium „Vulkanische Aktivität“ (gemäß StandAG) für die Bundesgesellschaft für Endlagerung mbH (BGE). Die Arbeiten erfolgten auf Basis der Zusammenarbeits-Vereinbarung zwischen BGE und BGR. Der Bericht beleuchtet existierende Vorschläge des "Arbeitskreises Auswahlverfahren Endlagerstandorte" zur Eingrenzung von Gebieten mit zukünftigem Vulkanismus, Datengrundlagen und deren Unsicherheiten sowie Prognosemöglichkeiten unter Einbeziehung weiterer Indikatoren.

Zur Erfassung des Meinungsbildes in der wissenschaftlichen Gemeinschaft zu Prognosemöglichkeiten der vulkanischen Aktivität in Deutschland wurden zwei Befragungsrunden durchgeführt:

  1. Dokumentation und Auswertung einer Expertenbefragung zur langfristigen Vorhersage vulkanischer Aktivität in Deutschland (Bartels et al. 2020).
  2. Dokumentation und Auswertung einer zweiten Expertenbefragung zur langfristigen Vorhersage vulkanischer Aktivität in Deutschland (Rummel et al. 2021a).

Im Zuge des Projektes „Magmatismus“ konnten bereits für 15 der 30 vorgeschlagenen Indikatoren (May 2019; Bartels et al. 2020; Rummel et al. 2021a) quantifizierbare Parameter zugeordnet werden, die unter Verwendung von definierten Schwellenwerten und Pufferbereichen ausgewertet werden konnten. Die Datenverfügbarkeit, -auswertung und -bearbeitung werden in dem Methodenbericht „Quantifizierung von Indikatoren für die Prognose einer vulkanischen Aktivität in Deutschland“ (Bartels et al. 2022) detailliert beschrieben. Die sich daraus ergebenden räumlichen Ausprägungen der Parametereigenschaften bilden die Grundlage für deutschlandweite Karten zur Differenzierung von Gebieten zukünftig möglicher vulkanischer Aktivität. Sie sind im Ergebnisbericht „Deutschlandweite Anwendung eines multikriteriellen Ansatzes zur räumlichen Differenzierung von Wahrscheinlichkeiten eines zukünftig möglichen Vulkanismus“ (Rummel et al. 2023) erläutert.

Die Dokumentation „Känozoischer Vulkanismus in Deutschland – Stand der Forschung zur Geodynamik und Magmengenese“ (Rummel et al. 2021b) gibt einen Überblick des aktuellen Kenntnisstandes über die geodynamischen Prozesse, die dem känozoischen Vulkanismus in Deutschland und Mitteleuropa zugrunde liegen, sowie der Faktoren, die den vergangen und möglicherweise zukünftigen Vulkanismus beeinflussen können. Im Weiteren werden die Bedingungen und möglichen Modelle der Magmengenese und –entwicklung aufgezeigt sowie die Eigenschaften der Vulkanfelder in Deutschland und deren Gesteine beschrieben.

Das Video „Magmatismus“ gibt Einblicke in den methodischen Ansatz der BGR für die Prognose einer zukünftigen vulkanischen Aktivität in Deutschland.

Literatur:

Bartels, A., Rummel, L. & May, F. (2020): Dokumentation und Auswertung einer Expertenbefragung zur langfristigen Vorhersage vulkanischer Aktivität in Deutschland. BGR Hannover, Dokumentation: 104 S.

– (2022): Quantifizierung von Indikatoren für die Prognose einer vulkanischen Aktivität in Deutschland. BGR Hannover, Methodenbericht: 167 S. DOI:10.25928/zpmn-1b56

May, F. (2019): Möglichkeiten der Prognose zukünftiger vulkanischer Aktivität in Deutschland. BGR Hannover, Kurzbericht: 87 S.

Rummel, L., Bartels, A. & May, F. (2021a): Dokumentation und Auswertung einer zweiten Expertenbefragung zur langfristigen Vorhersage vulkanischer Aktivität in Deutschland. BGR Hannover, Dokumentation: 73 S.

– (2021b): Känozoischer Vulkanismus in Deutschland – Stand der Forschung zur Geodynamik und Magmengenese. BGR Hannover, Dokumentation: 361 S. DOI:10.25928/dke3-bf70

– (2023): Deutschlandweite Anwendung eines multikriteriellen Ansatzes zur räumlichen Differenzierung von Wahrscheinlichkeiten eines zukünftig möglichen Vulkanismus. BGR Hannover, Ergebnisbericht: 113 S. DOI:10.25928/jc42-dp23

Kontakt:

    
Dr. Franz May
Tel.: +49 (0)511-643-3784

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